Zunächst
sorgte das OVG Urteil gegen den Windpark Knippen bei Freudenberg für ein erstes
Aufhorchen, dann entzog vor 2 Wochen das Münsteraner Oberverwaltungsgericht 5
bereits errichteten Windmühlen die Baugenehmigung. Beides Mal spielte der
Artenschutz die entscheidende Rolle.
In
der vergangenen Woche sorgte das OVG für zwei weitere Paukenschläge: dieses Mal
auf unserer Hochfläche im WP Himmelreich bei Meerhof und in
Marsberg-Erlinghausen. Ursprünglich hatten die Umweltschützer des
Naturschutzbundes (NABU) NRW und des Vereins für Natur- und Vogelschutz (VNV)
im Hochsauerlandkreis aus Artenschutzgründen gegen die Genehmigungen des
Windparks Himmelreich (11 Anlagen) und gegen eine bereits errichtete Einzelanlage
an der Landesgrenze zu Hessen geklagt. In diesem Zusammenhang wurde auch die
nicht immer nachvollziehbaren Genehmigungen aus Gründen des Baurechts gerügt,
lagen die Vorhabenorte doch außerhalb des damals noch gültigen alten
Flächennutzungsplanes (FNP). Das sahen auch die Richter des VG Arnsberg so und
verhängten einen Baustopp.
Gegen
diesen legten der Kreis HSK als auch die Betreibergesellschaft Beschwerde ein.
Dabei sahen sie sich im Vorteil, war doch in der Zwischenzeit ein neuer FNP für
die Stadt Marsberg nochmals überarbeitet und dann endlich genehmigt worden.
Dieses hatte das OVG aber nun vollkommen außen vorgelassen. Im Beschluss des
OVG vom 22.05.2017 (8 B 927/16) heißt es
„Bei summarischer Prüfung ist mit
überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Erfolg des Antragsstellers (NABU) in der Hauptsache (Artenschutz) zu erwarten. Es bestehen ernstliche
Zweifel an der Rechtsmäßigkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung von
9. Februar 2016. Diese dürfte gegen Rechtsvorschriften verstoßen, die dem
Umweltschutz dienen…“.
Somit
rückt der Artenschutz als entscheidender Faktor wieder in den Fokus der
juristischen Auseinandersetzung.
Ging
es bei der Ablehnung der Beschwerde gegen den Baustopp des Windpark
Himmelreichs um Wiesenweihen, Wachteln und Mornellregenpfeifer, so folgte nur 1
Tag später ein weiterer Beschluss des OVG zum gestoppten Betrieb einer
Einzelanlage (8 B 1303/16), der sich dieses Mal auf den Schutz des Rotmilans
stützt.
Die Wiesenweihe
(Foto: wikipedia) brütet in diesem Jahr auch bei Etteln
In
den entsprechenden Ausführungen des 8. Senats des OVG (Vorsitzender Richter
Prof. Dr. Seibert) zu beiden Beschlüssen wird deutlich darauf verwiesen, dass
„es im Artenschutz nicht erforderlich ist,
sich darüber Gewissheit zu verschaffen, dass vorhabenbedingte
Beeinträchtigungen nicht auftreten werden. Erforderlich, aber auch ausreichend,
ist ein am Maßstab praktischer Vernunft ausgerichtete Prüfung (…) Die
naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative erstreckt sich nicht nur auf die
durch das Vorhaben ausgelöste Gefahr für geschützte Tiere, sondern auch auf die
vorgelagerte Frage, ob die betroffene Art im Einwirkungsbereich anzutreffen ist.“
Natürlich
hatten die Betreiber auch in diesen Verfahren versucht, durch gutachterliche
Stellungnahmen u.a. zur Flughöhe des Rotmilans, eine signifikante Erhöhung des
Tötungsrisikos zu verneinen. Diese Argumentationsversuche sind uns aus den
aktuellen Erörterungsterminen im Kreis Paderborn bestens bekannt. Nur das diese
an entscheidender Stelle ihre Wirkung verfehlt haben.
„Vielmehr liegt danach die beobachtete
Flughöhe von Rotmilanen in immerhin fast 30 % der Fälle in dem von Rotoren der
streitgegenständlichen Windenergieanlagen überstrichenen Höhenbereich zwischen
50 m und 150 m. Die angeführten Beobachtungen an einer im Schweizer Rheintal
gelegenen einzelnen Windenergieanlage stellen angesichts der umfangreichen
fachwissenschaftlichen und empirischen Erkenntnisse zu den Gefährdungen von
Rotmilanen durch Windenergieanlagen, wie sie dem Leitfaden (…) der
Landesarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten vom 15. April 2015 zugrunde
liegen, die typischerweise signifikante Erhöhung des Individuen bezogenen
Tötungsrisikos bei Unterschreitung gewisser Mindestabstände nicht durchgreifend
in Frage. Daraus lässt sich insbesondere nicht herleiten, dass ein
Kollisionsrisiko für Rotmilane hier zu vernachlässigen wäre.“, so das OVG
in seinem Beschluss.
Die
Ausführungen des OVG dürften auch unmittelbare Auswirkungen zu laufenden
Genehmigungsverfahren im Kreis Paderborn besitzen. In den letzten 12 Monaten
war bereits eine zunehmende Sensibilität der zuständigen Verwaltungsabteilungen
zu spüren, wenn auch sogar angekündigte Ablehnungen von Anträgen bis jetzt
ausblieben.
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